Almuth Schult

Frühere Nationaltorhüterin brilliert in den USA Almuth Schult - die Nummer eins in Kansas City

Stand: 16.09.2024 12:09 Uhr

Anfang August wechselte Almuth Schult zum Topklub Kansas City Current in die höchste amerikanische Frauenfußball-Profiliga National Women’s Soccer League (NWSL). Dort überzeugt die 33-Jährige und könnte sich sogar zurück ins Blickfeld der Nationalelf spielen.

Von Inka Blumensaat

Es sind spektakuläre Bilder, die seit dem Wochenende überall im Netz verbreitet werden. Barbra Banda, die Topstürmerin von Gegner und Tabellenführer Orlando Pride, erobert den Ball und schießt mit Wucht und Gefühl von der Strafraumlinie auf den Kasten von KCC-Keeperin Schult.

Der Ball wird mutmaßlich leicht abgefälscht, jedenfalls ändert sich die Flugkurve. In Sekundenbruchteilen muss Schult reagieren, springt hoch und lenkt den Ball mit dem rechten Arm über das Tor. Brillant - das am meisten genutzte Attribut in den Berichten nach dem Match.

"Das Spiel hat wahnsinnig Spaß gemacht", sagt die Torhüterin im Telefoninterview mit der Sportschau: "Ich mag es, wenn ich viel zu tun habe und fühle mich wohl, wenn ich meine Stärken zeigen kann. Dazu zählen die Raumverteidigung, die Spieleröffnung - und bei Fernschüssen bin ich auch nicht schlecht." Am Ende hört man das Lächeln in der Stimme, denn Schult, Welttorhüterin von 2014, weiß selbst, dass "nicht schlecht" eine Untertreibung darstellt.

Zurück ins Rampenlicht

Nach der gefeierten Parade pariert sie Bälle der sechsmaligen Weltfußballerin Marta, wahrscheinlich noch schwerer zu halten als Bandas Schuss. So sichert Schult ihrem Team das 0:0 auswärts in Orlando. Der Einzug in die Playoffs, in denen in den USA die Meisterschaft entschieden wird, ist ihrem Team kaum mehr zu nehmen. Und Almuth Schult, 66-malige Nationalspielerin und Olympiasiegerin von 2016, pariert sich zurück ins Rampenlicht, vielleicht gar zurück ins DFB-Team?

Dort ist aktuell Ann-Katrin Berger, die in den USA für NJ/NY Gotham City spielt, die Nummer Eins. Ihre Vorgängerin Merle Frohms ist unlängst aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, Stina Johannes von Eintracht Frankfurt und die Münchnerin Mala Grohs gelten als Anwärterinnen auf den Stellvertreterinnen-Job. Mit ihren Leistungen in den vergangenen Partien in den USA könnte auch Schult ins Blickfeld des neuen Bundestrainers Christian Wück rücken.

Hoffnung auf Comeback im DFB-Team

"Ich bin mir sicher, dass die NWSL in Deutschland geschaut wird. Wenn das Trainerteam Bedarf hat und sich melden würde, freue ich mich", sagt Schult: "Grundsätzlich würde es mich natürlich wie all die Male zuvor mit Stolz erfüllen, bei der Nationalmannschaft dabei zu sein. Das als Mutter von drei Kindern zu schaffen, hätte eine zusätzliche Bedeutung." Schults Zwillinge - ein Mädchen und ein Junge - sind vier Jahre alt, der jüngste Sohn hat in Kansas gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert.

Die Keeperin weiß, dass sie in den NWSL-Spielen ihre starke Form bestätigen muss. Gelegenheiten wird es wahrscheinlich viele geben: "Der Wettbewerb hier ist ausgeglichener als in der Bundesliga. Auch in Spielen gegen niedriger platzierte Teams bekommt man viele Bälle aufs Tor. Man muss immer um die Punkte kämpfen. Für eine Torhüterin ist es cool, in jedem Spiel gefordert zu werden."

Konkurrenzkampf in Kansas gewonnen

In der Saison zuvor hatte Schult im Anschluss an ihre Babypause vier Partien für den Hamburger SV in der zweiten Liga bestritten. Dann kam im Sommer das Angebot aus dem mittleren Westen. Gemeinsam mit ihrem Mann entschied sie sich, mit der Familie erneut in die USA zu gehen, bereits 2022 hatte sie einige Monate für Angel City FC in Kalifornien gespielt, war aber selten zum Einsatz gekommen. In Kansas hingegen wurde Almuth Schult schnell zur neuen Nummer Eins, gewann das Rennen gegen die bisherige Stammtorhüterin und frühere US-Nationalspielerin Adrianna Franch.

"Ich hatte den Eindruck, dass das Trainerteam mir eine echte Chance geben wird. Ich habe dazu gespürt, dass ich mich von Woche zu Woche im Training verbessert habe. Ich war und bin selbst neugierig, auf welches Niveau ich noch kommen kann. Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass ich recht gut drin bin und auf dem Weg zu alter Stärke - falls ich die in meinem Alter noch erreichen kann", sagt die sechsmalige deutsche Meisterin.

Kansas mit dem Wohlfühlfaktor

In Kansas hat die 33-Jährige sich von Beginn an wohl gefühlt: "Hier sind die Rahmenbedingungen super professionell. Der Klub hat sein eigenes Trainingsgelände, ein eigenes Stadion. Die Abläufe rund um das Training und die Auswärtsreisen sind perfekt organisiert. Die Arbeit mit dem Trainerteam und den Mitspielerinnen macht großen Spaß."

Neben der sportlichen Perspektive war die Familienfreundlichkeit ausschlaggebend für den Wechsel in die USA: Der Klub unterstützt seine Spielerinnen finanziell bei der Kinderbetreuung. Bei Auswärtsreisen dürfen die Kinder sowie der Partner, die Partnerin oder eine Nanny ihre Mutter begleiten, alle Kosten werden übernommen. So war die Tour nach Orlando für die Schults auch ein Familienausflug.

NWSL geht auch finanziell voran

Im August hat die NWSL weitere Neuerungen beschlossen. Das Mindestgehalt der Spielerinnen wird zunächst auf 48.500 US-Dollar angehoben, bis 2030 soll es 82.500 US-Dollar betragen, die Zuschüsse während der Elternzeit und für die Kinderbetreuung werden ebenso erhöht. "Die Beschlüsse sind ein Gamechanger. Schon jetzt ist die NSWL professioneller als jede Liga in Europa, allenfalls die Super League in England kommt annähernd heran. Es hat sich wahnsinnig viel entwickelt hier", sagt Almuth Schult.

Schult hat bis Ende des Jahres in Kansas unterschrieben. Sie kann hier ihrer erfolgreichen Karriere ein weiteres Kapitel hinzufügen, von dem ihr viele nicht zugetraut hatten, es zu schreiben: "Es gab natürlich auch diesmal wieder viele Zweifler. Vereine, die mir abgesagt haben. Da ist es jetzt schön, hier das Vertrauen vom Trainerteam so zu spüren.“

Ende September spielt Schult mit Kansas gegen Gotham City mit Ann-Katrin Berger im Tor. Spätestens dann hat der Bundestrainer eine gute Gelegenheit, einen Blick in die NWSL zu werfen.